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Stadtverwaltung
25.10.2023
7 Min

Gelebte Demokratie (Teil 1)

Politische Gremien in Essen


In Deutschland gibt es zahlreiche öffentliche Aufgaben, die zum Funktionieren und zum Wohl der Gesellschaft beitragen. Die Verantwortung für die übergeordneten Aufgaben, die für ganz Deutschland von Bedeutung sind, übernimmt dabei der Bund. Dazu zählen beispielsweise die Verteidigung oder die Außenpolitik. Regelungen, die sich auf ein Bundesland beschränken, trifft die jeweilige Landesregierung. So regelt jedes Bundesland die Organisation der Polizei oder die Schulbildung selbst. In den einzelnen Kommunen, die ein Bundesland bilden, werden schließlich die Entscheidungen für diese Ebene gefällt, etwa in Hinblick auf die Müllbeseitigung oder Feuerwehr. Dadurch können auch lokale Besonder- und Gegebenheiten in den jeweiligen Entscheidungsprozessen Berücksichtigung finden.

Von der Pflicht bis zur Kür: Gestaltungsmöglichkeiten von Kommunen

Auf Basis des Artikels 28 Grundgesetz dürfen die Kommunen einen Großteil ihrer Angelegenheiten selbständig erledigen. Bei manchen Aufgaben gibt es Gestaltungsspielraum, bei anderen nicht. Bei den Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung, etwa Meldewesen und Bauaufsicht, schreibt das Bundes- oder Landesrecht den Kommunen konkret vor, dass und wie sie die Aufgabe erfüllen müssen. Anders ist es bei den pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben wie Abwasserbeseitigung und Bau von Kindergärten. Per Gesetz ist festgelegt, dass diese Aufgabe erfüllt werden müssen, aber nicht wie. Darüber hinaus gibt es freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben, bei denen Kommunen selbst entscheiden, ob und wie sie diesen nachkommen. Dazu gehören beispielsweise Theater und Schwimmbäder. Nur wenn die finanziellen Mittel einer Stadt es zulassen, können diese Aufgaben erfüllt werden, denn die pflichtigen Aufgaben haben stets Vorrang.

Die für das Essener Stadtgebiet wichtigen Entscheidungen treffen unter Einhaltung der geltenden Gesetze neben dem Rat der Stadt Essen die neun Bezirksvertretungen, 14 Ausschüsse und vier (Bei-) Räte. Grund genug, diese einmal näher vorzustellen.

Der Rat der Stadt Essen

Der Rat ist das wichtigste Entscheidungsgremium der Stadt, denn gemäß der Gemeindeordnung ist er "allzuständig" und entscheidet damit grundsätzlich über alle Angelegenheiten. Seine 82 Mitglieder wählen die wahlberechtigten Essenerinnen*Essenern bei der Kommunalwahl für die Dauer von fünf Jahren. Durch Überhang- und Ausgleichmandate gibt es seit 2020 insgesamt 86 Ratsfrauen und -herren aus neun Parteien. Sie setzen sich wie folgt zusammen:

Auch wenn die Ratsmitglieder bestimmten Parteien angehören, sind sie bei ihrer Entscheidungsfindung nicht an deren Programme gebunden und unterliegen auch keinem Parteizwang oder Weisungen. Sie sind in ihrer Entscheidung frei und nur ihrem Gewissen und dem öffentlichen Wohl verpflichtet. Die Ratsmitglieder üben ihre Mandate ehrenamtlich aus und erhalten dafür eine monatliche Aufwandsentschädigung.

Den Vorsitz über den Rat hat der*die Oberbürgermeister*in. Aktuell sorgt Thomas Kufen für den ordnungsgemäßen Ablauf der Ratssitzungen, wobei es stets eine Tagesordnung gibt. Im Rat werden alle wichtigen Angelegenheiten, die Essen betreffen, diskutiert und abschließend abgestimmt. Die Basis dafür sind Vorschläge aus der Stadtverwaltung und Empfehlungen von Fachausschüssen, die in sogenannten Vorlagen erläutert werden. Zudem bringen die Ratsfraktionen, Gruppen oder Einzelne auch Anträge in die Beratungen ein.

Die Sitzungen gliedern sich in einen öffentlichen und einen nicht-öffentlichen Teil. Nur wenige Angelegenheiten, bei denen schutzwürdige Interessen vorliegen, werden im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung beraten. Dazu zählen beispielsweise Personal- oder Vertragsangelegenheiten. Ansonsten tagt der Rat grundsätzlich öffentlich. Das heißt, dass auch Bürger*innen und Medien daran teilnehmen können – jedoch ohne sich selbst zu Wort melden zu können.

Zu den nächsten Sitzungsterminen

Ratssitzungen streamen

Wer aus terminlichen oder sonstigen Gründen nicht vor Ort an der Ratssitzung teilnehmen kann, hat die Möglichkeit, diese online zu verfolgen: Die Stadt Essen überträgt den öffentlichen Teil als Livestream. So können Bürger*innen die Arbeit und Entscheidungen des Rats tagesaktuell nachvollziehen und an den demokratischen Entscheidungsprozessen teilhaben.

Hier finden Interessierte den Live-Stream können sich zudem vergangene Ratssitzungen ansehen.

Bezirksvertretungen

Bei der Kommunalwahl wählen die Bürger*innen auch die Mitglieder der Bezirksvertretungen. Jeder der neun Essener Stadtbezirke hat eine Bezirksvertretung mit 19 Mitgliedern. Den Vorsitz hat der*die Bezirksbürgermeister*in.

Bezirksvertretung für den Stadtbezirk I
Bezirksvertretung für den Stadtbezirk II
Bezirksvertretung für den Stadtbezirk III
Bezirksvertretung für den Stadtbezirk IV
Bezirksvertretung für den Stadtbezirk V
Bezirksvertretung für den Stadtbezirk VI
Bezirksvertretung für den Stadtbezirk VII
Bezirksvertretung für den Stadtbezirk VIII
Bezirksvertretung für den Stadtbezirk IX

In öffentlichen Sitzungen entscheiden sie unter Berücksichtigung der gesamtstädtischen Interessen über alles, was für den Stadtbezirk wichtig ist und nicht darüber hinaus geht. Dazu zählt beispielsweise die Ausstattung von Spielplätzen. Die weitreichenderen Interessen der einzelnen Stadtteile und -bezirke, etwa zu Bauplänen und Infrastruktur, bringen die Bezirksvertretungen in den Rat der Stadt Essen und die Ausschüsse ein. So können die Bezirksvertretungen die Interessen der einzelnen Stadtteile und -bezirke in den übergeordneten Gremien vertreten und Vorschläge sowie Anregungen unterbreiten.

Ausschüsse mit Expertinnen*Experten widmen sich Fachthemen

Für viele Entscheidungen braucht es Expertinnen*Experten, die sich in bestimmten Bereichen auskennen und fachlich diskutieren können. Das passiert in den Ausschüssen. Dabei sind manche von der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen (GO NRW) vorgeschrieben: Zu diesen Pflichtausschüsse zählen der Hauptausschuss und Finanzausschuss sowie der Rechnungsprüfungsausschuss. Gesetzlich vorgeschrieben sind beispielsweise auch der Jugendhilfeausschuss und der für Kommunalwahlen vorgeschriebene Wahlausschuss. In Essen gibt es aktuell 14 Ausschüsse, die teils noch über Unterausschüsse wie den Unterausschuss Schule, den Unterausschuss Soziales sowie den Unterausschuss Wohnungshilfe und Obdachlosigkeit verfügen:

  1. für Anregungen und Beschwerden
  2. für die Sport- und Bäderbetriebe Essen
  3. für Digitalisierung, Wirtschaft, Beteiligungen und Tourismus
  4. für öffentliche Ordnung, Personal, Organisation und Gleichstellung
  5. für Schule, Bildung und Wissenschaft
  6. für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Integration
  7. für Stadtentwicklung, -planung und Bauen
  8. für Umwelt, Klima- und Verbraucherschutz
  9. für Verkehr und Mobilität
  10. Haupt- und Finanzausschuss
  11. Jugendhilfeausschuss
  12. Kulturausschuss
  13. Rechnungsprüfungsausschuss
  14. Wahlprüfungsausschuss

Die Bildung der Ausschüsse, ihre Zusammensetzung sowie ihre Befugnisse beschließt der Rat. Die einzelnen Ausschüsse bilden sich aus Ratsmitgliedern und sachkundigen Bürgerinnen*Bürgern. An den Sitzungen nehmen aber auch Verwaltungsmitarbeiter*innen teil und ebenso können Expertinnen*Experten eingeladen werden. Da sie ebenfalls öffentlich sind, können auch hier Bürger*innen und Medien teilnehmen. Einen Live-Stream gibt es jedoch nicht. Aus den fachlichen Beratungen ergeben sich schließlich Empfehlungen, die die Ausschüsse an den Rat aussprechen.

Ausschuss für Anregungen und Beschwerden

Einer der 14 Ausschüsse in der Stadt Essen ist der Ausschuss für Anregungen und Beschwerden. Der Name ist dabei Programm. Wer also selbst mal Ideen für die Stadt hat oder bestimmte Dinge nicht gut findet, kann sich an diesen Ausschuss wenden. Denn: Jeder*Jede Einwohner*in, der*die seit mindestens drei Monaten in Essen wohnt, hat das Recht, sich einzeln oder zusammengeschlossen als Gruppe an den Ausschuss für Anregungen und Beschwerden zu wenden. Dafür müssen Bürger*innen eine sogenannte Eingabe nach Paragraf 24 der Gemeindeverordnung Nordrhein-Westfalen machen, also ihr Anliegen schildern. Das ist hier im Serviceportal der Stadt Essen auch online möglich.

Die Ausschussmitglieder beschäftigen sich dann in ihrer Sitzung mit der Eingabe. Dazu sind die Bürger*innen auch persönlich eingeladen. Sie sind jedoch nicht zu einer Teilnahme an der Sitzung verpflichtet. Wenn sie möchten, können sie vor Ort zu ihrem Anliegen kurz mündlich Stellung nehmen. Aus rechtlichen Gründen können sie sich jedoch nicht aktiv an der Beratung des Ausschusses beteiligen. Das Ergebnis der Beratung wird schließlich schriftlich mitgeteilt.

Weitere Gremien wirken beratend

Ebenso wie die Ausschüsse haben auch andere Gremien eine beratende Funktion. Dazu zählen in Essen neben dem Beirat Untere Naturschutzbehörde und dem Inklusionsbeirat auch der Integrationsrat, der Kulturbeirat und der Seniorenrat. Im zweiten Teil dieses Artikels geht es um diese Gremien, die zusätzliche Interessen in Hinblick auf bestimmte Themen oder Gruppen einbringen, die selbst eher wenig in der Kommunalpolitik vertreten sind.


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